Die Fraktion informiert: Zum Antrag zur Einführung gendergerechter Sprache

Gendergerechte Sprache – warum jetzt und wofür überhaupt?

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat für die kommende Ratssitzung am 17.12. den Antrag eingereicht, zukünftig alle von der Gemeinde respektive der Kommunalverwaltung verfassten Schriftstücke in gendergerechter Sprache zu verfassen sowie bereits bestehende offizielle Dokumente entsprechend anzupassen. Den Antrag findet ihr übrigens hier:

https://gruenlink.de/1vme

Da wir an dieser Stelle zukünftig über die Anträge der Fraktion und deren Hintergründe informieren wollen, soll das nun der Anfang sein. Was ist gendergerechte Sprache, welchen Zweck erfüllt sie und weshalb reicht die Fraktion den Antrag genau jetzt ein?

Mit dem Ausdruck „gendergerechte Sprache“ ist die Möglichkeit gemeint, alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten sprachlich symmetrisch abzubilden, wenn sich nicht ausdrücklich auf ein bestimmtes Geschlecht oder eine bestimmte Geschlechtsidentität bezogen wird. Dieses dient zum einen der Sichtbarmachung, zum anderen der Neutralisierung.

Wenn, wie bisher flächendeckend üblich, vorwiegend das generische Maskulinum verwendet wird, können Frauen und Menschen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität zwar MITGEMEINT sein, sie werden aber nicht explizit MITERWÄHNT. Zur Verdeutlichung: In der bisherigen Geschäftsordnung unserer Gemeinde ist die Rede von „dem Bürgermeister“. In der Fußnote steht hierzu: „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für sämtliche Geschlechter.“ Nun haben wir in Weilerswist seit fünf Jahren aber keinen männlichen Bürgermeister, sondern mit Frau Horst eine weibliche Bürgermeisterin. Dieser Tatsache sollte Rechnung getragen werden! Jetzt könnte man die Geschäftsordnung dahingehend anpassen, dass man statt den Bürgermeister die Bürgermeisterin festhält – die Fußnote von oben könnte unverändert weitergenutzt werden. Bei der Verwendung des generischen Femininums treten allerdings die gleichen Probleme auf wie bei der des generischen Maskulinums: Männer und Nichtbinäre werden nicht miterwähnt.

Da Sprache aber einen interessanten Effekt hat – sie lässt Bilder vor unserem geistigen Auge entstehen –, wollen wir das auch nicht. Da wir allerdings davon überzeugt sind, dass für eine erfolgreiche Gleichstellung von Mann und Frau die sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter grundlegend ist, sehen wir Handlungsbedarf. Die Einführung gendergerechter und genderneutraler Sprache erachten wir in diesem Fall als einen notwendigen großen Schritt in diese Richtung.

Nutzen wir nun den Genderdoppelpunkt (eine ausführliche Erläuterung, weshalb wir diesen präferieren, findet sich im Antrag), machen wir alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten gleichermaßen sichtbar. Das Beispiel Bürgermeister:in ist hier vielleicht nicht unbedingt zielführend, haben wir in dem Fall doch alle Frau Horst vor Augen. Wenn wir aber über diejenigen sprechen, zu denen wir gehen, wenn wir krank sind und von Ärzt:innen sprechen, haben wir nicht mehr bloß die männlichen Vertreter dieses Berufs vor Augen – gleiches gilt für Postbot:innen, Lehrer:innen, Schreiner:innen und natürlich auch beispielsweise ganz allgemein für Bürger:innen.

Mittlerweile verwenden viele Print-, aber auch sonstige Medien gendergerechte Sprache. Sie ist nicht mehr fremd und bedarf in den meisten Fällen auch keine explizite Erläuterung mehr. Da es unserer Ansicht nach daher keiner Aufklärung seitens der Gemeinde bedarf und diesbezüglicher etwaiger Aufwand nicht betrieben werden muss, sehen wir nun den passenden Zeitpunkt gekommen, gendergerechte Sprache auf offizieller Ebene auch in Weilerswist einzuführen. Die am 17.12 ebenfalls neu zu beschließende Gemeindeordnung sowie die Zuständigkeitsordnung, die die Zuständigkeiten der Ausschüsse sowie der Bürgermeisterin festlegt, wären die ersten Schriftstücke, in denen die Verwaltung diese Neuerung umzusetzen hätte.

Und so ganz nebenbei: Wir wären mitnichten die erste Gemeinde, die durch die Verwendung gendergerechter Sprache und des Genderdoppelpunktes ein deutliches Zeichen setzt, dass das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter nicht lediglich mittels leerer Worte ausgedrückt wird, sondern dass aktiv daran gearbeitet wird, diese umzusetzen. Mit gutem Beispiel geht uns hier etwa die Hansestadt Lübeck voran, die seit Beginn des Jahres jedweden städtischen Schriftverkehr genderneutral beziehungsweise gendergerecht mit Doppelpunkt verfasst. Als tolerante und offene Gemeinde kann doch auch Weilerswist diskriminierungsfrei kommunizieren. Oder?

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